G'schichten aus'm Konsulat, Teil 5


Bereits zum 5.mal kommt hier eine kleine Auswahl an Erlebnissen aus dem Arbeitsalltag im deutschen Honorarkonsulat. Von verrückt, über erschreckend und lustig ist alles dabei...los gehts:


Verfolgt von der Japanische Mafia
Ich hatte bereits alles zusammen gepackt und wollte gerade das Konsulat verlassen, als das Telefon klingelte.
Ich nahm ab und konnte noch nicht mal mehr mein Begrüßungsspüchlein sagen, da fragte mich schon eine gehetzte Stimme: "Is this the German Consulate?"
"Ja", antwortete ich und das war für die nächsten 5 Minuten das Letzte was ich sagen konnte. Der Mann am anderen Ende begann leise und hektisch (auf Englisch) sein Problem zu erzählen.
Die übersetzte Kurzfassung: "Bitte helfen Sie mir, ich werde verfolgt. Ich fühle mich bedroht, ich muss hier weg. Die Yakuza (Japanische Mafia) ist hinter mir her, ich glaube die wollen mich umbringen. Sie haben schon einen Kollegen von mir auf dem Gewissen. Ich will die Insel sofort verlassen. Sie haben mich gestern ausgeraubt und heute bedroht und gestoßen. Ich habe eine Kopfverletzung davongetragen und blute. Bitte bringen Sie mich zum Flughafen und kaufen Sie mir ein Ticket in irgendein europäisches Land - egal wohin."
Er wiederholte sich immer wieder und schaffte es nur halbwegs auf meine durchaus berechtigten Fragen zu antworten.
Ich musste in den nächsten Minuten unbedingt herausfinden, ob das ein ernst zu nehmender Notfall war oder ob sich da jemand einen Spaß erlaubte. Ich war skeptisch und reichlich verwirrt...
Wie sich herausstellte war er kein deutscher Staatsbürger und nun wunderte ich mich, warum er ausgerechnet mich anrief. Seine Antwort auf diese Frage: "Die Polizei konnte nichts für mich tun und da habe ich einfach die nächstbeste Nummer eines Konsulates gewählt."
Er sei jetzt auf dem Weg zu uns und hoffe auf Begleitschutz zum Flughafen und finanzielle Unterstützung. Im Hintergrund hörte ich tatsächlich einen Taxifahrer brabbeln und mir wurde etwas mulmig.

Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht zu 100% Klarheit, ob dieser ominöse Verfolgte hier auftauchen würde oder nicht.
"Can I help you?"
Mein Chef war ausgerechnet heute bei einem Außentermin und würde auch in der nächsten Stunde nicht zurückkommen. Blieben als Rückendeckung also nur noch der schläfrige, dicke Bürohund und meine beiden Kollegen im nächsten Raum (zierliche Frau und älterer Mann). Super...
Ich setzte die Beiden davon in Kenntnis und dann warteten wir.
Und tatsächlich, wenige Minuten später schoss ein Taxi den Berg hoch und in unsere Einfahrt. Heraus stieg ein bleicher, tattriger Mann, dem angetrocknetes Blut an der Schläfe klebte.
Er sah sich gehetzt um, ignorierte den bellenden Hund und nahm auf dem Sofa platz.
Der Taxifahrer blieb im Auto sitzen und war keine wirkliche Hilfe. Er murmelte irgendeine Adresse und schien die Situation nicht zu durchschauen.
Zum Glück hatte ich Denis, meinen Chef, mittlerweile erreichen können und nach einigem Hin und Her war der Mann bereit mit ihm zu sprechen.
Das trug nicht zur Klärung der eigentlichen Situation bei, aber der "Verfolgte" schien nun verstanden zu haben, dass wir ihn weder irgendwo hinfahren noch ein Flugticket bezahlen würden.
Der Mann lehnte alle angebotene medizinische und polizeiliche Hilfe ab und stand ohne weitere Erklärung auf. Zum Glück stand das Taxi noch immer im Hof und wartete. Er stieg hastig ein und ich fragte den Fahrer wohin er ihn bringen würde. Dieser zuckte mit den Schultern und nuschelte: Airport....i don't know.

Wir blieben alle reichlich verdattert zurück und wissen bis heute nicht, woher dieser Mann kam und wohin er wieder verschwand.
Allerdings unterhielt ich mich am selben Abend noch mit einem Freund (ehemaliger Polizist, der sein ganzes Leben auf Oahu im Dienst war) und der sagte: "Yakuza? Die gibt es hier nur wenig. Und wenn...arbeiten die so verdeckt, dass du gar nicht merken würdest, wenn die dich verfolgen. Du wärst weg, bevor du Piep sagen kannst.


Es gibt kein Bier auf Hawaii
Diesmal war es eine ältere Dame, die mir am Telefon ausführlich erklärt (auf Englisch), dass sie Mitglied des Ukulele Clubs in Chicago und auf der Suche nach Noten für ein bestimmtes Lied sei.
"Noten?", fragte ich und dachte ich hätte mich verhört.
"Ja" antwortete sie. In Chicago gäbe es einen Deutschen Club und der hätte den Ukulele Club gebucht um auf dem dortige Oktoberfest für Stimmung zu sorgen.
Einer der Titel auf der Wunschliste lautete: There is no beer in Hawaii. "Kennen Sie das?", fragte sie mich. Nun ahnte ich, warum die Frau mich angerufen hatte und musste mir ein Lachen verkneifen.

Eine 2 Sekündige Googlesuche meinerseits ergab, dass der Sänger dieses Liedes "Paul Kuhn" heißt. Als ich der Dame diesen Namen nannte, fragte sie ganz entzückt: "Oh great, is he here? Is he in Hawaii?"
"Peter Kuhn? Nein." Ich musste mich schwer zusammenreißen um nicht loszulachen und ihr dann leider mitteilen, dass er schon 2013 verstorben sei.
Etwas enttäuscht bedankte sich die Ukulelespielerin und legte auf.
Ich bin mir sicher, das Chicagoer Oktoberfest wurde trotzdem ein großer Erfolg!


Eine Kreuzfahrt mit Hindernissen
Wie jeden Montag radelte ich leicht schnaufend den Berg zum Konsulatsbüro hoch.
Ich war pünktlich und trotzdem saß dort schon ein verunsichertes Pärchen vor der Türe.
Der Honorarkonsul hatte sie soeben herein gebeten und sie nahmen auf dem Sofa Platz und berichteten von ihrer Misere.
Der Pass der Frau wurde bereits am Freitagabend in Santa Monica, California gestohlen. Den Weiterflug am Samstag nach O'ahu schafften sie irgendwie und nun brauchten sie so schnell wie möglich neue Ausweispapiere, denn schon morgen (Dienstag) würde ihr Kreuzfahrtschiff nach Tahiti-Bora Bora-Neuseeland-Australien in See stechen. Das Ganze würde fast 3 Wochen dauern und musste ein Vermögen gekostet haben.

Wir gingen die verschiedenen Möglichkeiten durch und tüftelten an der besten Lösung, denn ohne Pass konnte die Frau nicht aufs Schiff. Der Mann hatte seinen Pass noch und schien genervt, während seine Frau schluchzend auf unserem Sofa saß.
Als wir ihr mitteilten, dass die schnellste Lösung trotzdem noch eine knappe Woche brauchen würde, war die Enttäuschung groß. Es war klar, dass zumindest sie nicht Teil der morgigen Kreuzfahrt sein würde. Ihr Mann wiederum ging an Bord und sie vereinbarten, die Frau würde mit dem neuen vorläufigen Pass mit dem Flugzeug nach Papeete (Tahiti) fliegen und am Samstag zusteigen.
Gesagt, getan und da wir Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hatten, erreichte uns der Pass pünktlich zu ihrem Abflug.
Kurz darauf erhielten wir die Nachricht, dass es auf dem Schiff einen medizinischen Notfall gegeben hatte. Der Kapitän musste auf halbem Wege umdrehen und zurück nach O'ahu fahren, um den Patienten in ein Krankenhaus zu bringen. Um Zeit gut zu machen, entschied er anschließend direkt den Hafen von Bora Bora anzusteuern und Papeete auszulassen. Dort wartet aber die Ehefrau, die nun per Boot oder Flug nochmals die Insel wechseln musste, um Schluss endlich den Rest der Kreuzfahrt mitzuerleben.
Wow, was für blöde Zufälle es doch gibt! Aber zumindest haben die Beiden nun eine tolle Geschichte zu erzählen.

Happy End für einen verlorenen Führerschein
Fahrt durch den Regenbogen
Uns erreicht ein anonymer Brief, der nur einen deutschen Führerschein enthielt.
Keine Nachricht, kein Absender - was nun?
Unsere Vermutung: Ein deutscher Urlauber hatte den Führerschein irgendwo auf O'ahu/in Hawaii verloren und der ehrliche Finder hatte unsere Adresse im Internet gefunden.
Da wir leider aber keinerlei Zugriff auf das deutsche Melderegister oder ähnliches haben, konnten wir diesen Fall im ersten Moment auch nicht lösen.
"Schick ihn nach San Francisco ins Generalkonsulat, vielleicht können die ihn zusammen mit den gefundenen Pässen, die sich jährlich dort ansammeln, zurück nach Deutschland schicken", sagte Denis.
Doch so schnell wollte ich nicht aufgeben. Eine kurze Googlesuche ergab tatsächlich einige Treffen die zum Namen und Wohnort des Inhabers passten. Mein Spürsinn war geweckt und so verglich ich Bilder, Zeitungsberichte und die ansässigen "Gelben Seiten". Ich schaute auf die Uhr und wählte versuchshalber eine der Nummern.
Der Mann auf der anderen Seite der Welt meldete sich mit seinem Namen und als ich ihn fragte, ob er zufällig kürzlich in Hawaii gewesen sei, antwortete er: "Ja und ich hab' meinen Führerschein verloren. Haben Sie den zufällig gefunden?"
Er berichtete von seiner tollen Hawaiireise und es stellte sich heraus, dass er Teilnehmer am Ironman auf der Big Island gewesen war und dort im Hotel wohl den Führerschein hatte liegen lassen.
Wir lachten beide über so viel Glück und ich freute mich, ohne Zweifel den Besitzer gefunden zu haben.


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