G'schichten aus'm deutschen Konsulat, Teil 1

Meine Arbeit als Administrativ Assistant


Nachdem ich ein Jahr lang die verschiedensten Job ausprobiert habe, habe ich jetzt eine Stelle gefunden, die sehr vielversprechend begonnen hat und sehr abwechslungsreich ist.
Angefangen auf dem amerikanischem Arbeitsmarkt habe ich im November 2015 in einer Montessori Daycare (Krippe für Kinder von 1,5-3Jahre) bei der ich einige Monate mit Windel wechseln, Nase putzen und spielen beschäftigt war. Da mir aber die Arbeit mit älteren Kindern doch einfach mehr liegt, fing ich kurz darauf an, im Afterschool Programm einer öffentlichen Schule zu arbeiten. Das machte mir wesentlich mehr Spaß, aber da die Amerikaner ja fast 3 Monate Sommerferien haben, musste für diese Zeit wieder eine neue Arbeit her. Ich fing also bei Circus Olina, einem Kinder- und Jugendzirkus Programm, an. Dann stand das 4-wöchige Englisch Sprachcamp meiner alten Sprachschule an, für das ich mich als Lehrerin beworben hatte. Wieder ein eigenes Klassenzimmer und eine eigene Klasse zu haben, machte mir mächtig Spaß  und fast war ich ein bisschen traurig, als das Sprachcamp zu Ende war. Doch schon wartete der nächste Job auf mich. Das erste Mal nicht im sozialen Bereich bzw. als Lehrer oder Erzieherin, aber trotzdem mit Menschen und jeder Tag ist etwas anders. Ich arbeite also jetzt als Administraiv Assistant (man könnte es vermutlich auch als Sekretärin bezeichnen) im Deutschen Honorarkonsulat in Honolulu.
Familyday im Wald
So ganz konnte ich aber die Finger vom Lehrerjob nicht lassen. Deshalb arbeite ich donnerstags immer bei den "Little Gardeners" - einer Outdoor Preschool, die dem deutschen Waldkindergarten-Konzept schon recht nahe kommt. Der Einrichtung wird von einer Schweizerin geleitet und auch alle Erzieherinnen sprechen sowohl Deutsch als auch Englisch.
Beide Jobs machen mir Spaß, aber die spannenderen Geschichten erlebe ich zur Zeit im Konsulat.

Verlorene, geklaute oder abgelaufene Pässe, Geburtsurkunden oder Einbürgerungsanträge - das ist seit gut zwei Monaten mein neues Arbeitsgebiet. Ich vereinbare Termine, führe Telefonate, halte die Website des Konsulats in Schuss und organisiere und bearbeite andere anfallende Aufgaben. Haben wir Kunden im Konsulat, bearbeite ich deren Anträge und bereite alles so vor, dass der Herr Konsul nur noch seine Unterschrift drunter setzen muss. Es gibt dabei schrecklich viel zu beachten und gefühlte 1000 Sonderregelungen und Vorschriften, da es sich ja hier um eine Staatsangelegenheit dreht. Pässe ausstellen kann nun mal nicht jeder. Genau genommen können wir auch keine fertigen Reisepässe ausstellen. Wir nehmen elektronisch die Fingerabdrücke und die Unterschrift auf, machen Passfotos und helfen beim Ausfüllen der Anträge. Anschließend müssen noch alle notwendigen Dokumente kopiert und beglaubigt werden und dann wird das ganze Bündel nach San Francisco geschickt. Von dort wird es, nach nochmaliger Prüfung, weiter in die Bundesdruckerei nach Berlin geschickt, um dann nach 8-10 Wochen als fertiger Reisepass wieder beim Antragsteller zu landen. Sozusagen einmal um die Welt und wieder zurück.
Ungewöhnlicher Name: Haile

Das Konsulat selbst ist wesentlich kleiner, als ich mir es zu Beginn vorgestellt hatte. Da es nur ein Honorarkonsulat ist, hat der Konsul auch noch einen anderen Job, denn allein vom Pässe ausstellen und Kopien beglaubigen, kann man nicht leben. Das Büro des Konsuls befindet sich deshalb auch in seinem privaten Haushalt, im Untergeschoss seines Hauses. Sogar einen Bürohund gibt es, der den ganzen Tag nur dösend im Weg rumliegt. 
Da ich wöchentlich die unterschiedlichsten Schicksale mitbekommen und ich auch nicht umhinkommen, manchmal ungläubig den Kopf zu schütteln, wenn ich die Tür nach einem erfolgreich bearbeiteten Fall schließe, gibts hier ein paar der Highlights für euch zum Lesen:


Der Pass im Mietauto

Gleich in meiner ersten Woche kam ein älterer Herr zu uns ins Konsulat. Er war sehr erzählfreudig und berichtete haarklein, was er in seinem 3wöchigen Urlaub alles erlebt hätte. Er wäre schon 7 mal in Hawaii gewesen, aber noch nieee sei ihm sowas passiert: 
Als er mit seiner Reisebegeleitung das Mietauto am Flughafen abholen wollte, gab es einige Unklarheiten was die Wahl des Mietwagens betraf. Die beiden Herrschaften saßen also zuerst im falschen Wagen und wurden vom Personal auch darauf hingewiesen. Mit Sack und Pack wanderten sie also zum richtigen Auto, nur um kurze Zeit später festzustellen, dass an diesem Auto ein Warnlicht leuchtete. So wollten und konnten sie den Wagen natürlich nicht mitnehmen und bekamen deshalb einen Ersatzwagen gestellt. Damit brausten sie dann zum Hotel, nur um abends dann festzustellen, dass der Herr seinen Pass nicht mehr finden konnte. Der musste wohl irgendwo bei dieser Wechselei der Fahrzeuge liegengeblieben sein. Unter großen Mühen und mit gebrochenem Englisch machte der Herr das auch dem Personal des Mietwagenverleihs klar, aber der Pass war nicht mehr auffindbar. 
Er meldete den Vorfall der Polizei vor Ort, die vertröstete ihn und stellte ein Dokument aus, mit dem er wenigstens die anderen Inseln auch ohne Pass besuchen konnte. Die Hoffnung war groß, dass der Reisepass nach dem 2 wöchigem Inselhopping wieder auftauchte. Doch das tat er nicht und nun stand der Herr bei uns und regte sich furchtbar darüber auf, dass die Sicherheitskontrolle an jedem Flughafen eine Tortur für ihn gewesen sei. Wie einen Schwerverbrecher hätten sie ihn behandelt und überall, er wiederholte das Wort mit erhobenem Zeigefinger, überall abgetastet. Eine Frechheit sei das! Mein Einwand, dass die Beamten, das ja nur zur Sicherheit aller tun würden, verhallte ungehört im Raum. Wir statteten den Herrn mit einem "Reiseausweis als Passersatz" aus, der ihm die Rückkehr nach Deutschland ohne Probleme ermöglichten sollte.


Illegal in den USA

Letzte Woche hatten wir noch einen außergewöhnlichen Termin. Ein, auf Maui lebender, Deutscher, wollte nach langer Zeit endlich mal wieder nach Deutschland reisen und deshalb seinen Pass erneuern, der schon vor Jahren ausgelaufen war. 
Als ich ihn nach seiner Aufenhaltsgenehmigung (Greencard oder Visum) für die USA fragte, verneinte er beides und es kam heraus, dass er seit vielen Jahren ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung auf Maui lebt. Es ist mir unbegreiflich wie man so eine lange Zeit "unter dem Radar fliegen" kann und somit auch keine Krankenversicherung oder SozialSecurityNumber haben kann. Und wir wissen ja aus Erfahrung, ohne diese Nummer geht hier so gut wie gar nichts. Aber scheinbar ist es doch möglich, wie dieser Vorfall beweist. Wir haben in diesem Fall keine Meldepflicht, da es ja Amerika und nicht Deutschland betrifft und somit konnten wir ihm mit einem neuen Pass aushelfen. Ein fader Beigeschmack blieb trotzdem und ob er wieder zurück in die USA einreisen kann, bleibt zu bezweifeln. Sollten sie ihn schnappen ist er auf jeden Fall für 10 Jahre gesperrt.

Endlich wieder Deutscher nach so vielen Jahren

Eine fast schon rührende Begegenung erlebte ich in meiner zweiten Woche. Es ist bereits das dritte mal während seiner Amtszeit als Honorarkonsul, dass wir jemand einen deutschen Pass und somit die deutsche Staatsbürgerschaft geben können, die ihm eigentlich schon immer zustand. Es handelt sich hierbei um Söhne und Töchter deutscher Juden, die der Vernichtungsmaschinerie der Nazis entkommen konnten. 

Mittlerweile sind diese Passanwärter natürlich auch schon älter und trotzdem stellen viele diesen Antrag und besitzen dann zu ihrem amerikanischen auch einen deutschen Pass. Wirklich benötigen, werden sie den Pass vermutlich nicht mehr. Aber es ist ein Stück Vergangenheitsbewältigung und unser Altragsteller hatte ganz feuchte Augen, als er den Satz hörte: "Wenn Sie hier unterschrieben haben, kann ich Sie offiziel als deutschen Staatsbürger hier im Konsulat willkommen heißen!" Deutsch spricht der "alte/neue deutsche Mitbürger" aber nicht wirklich. "Noch ein Bier, bitte.", war der erste Satz, den er zum Besten gab, als wir ihn danach fragten. Dieser Pass ist also mehr ein praktisches Reisedokument für Abstecher nach Europa. Den Angehörigen der nächsten Generation gibt es die Chance, in Deutschland und den anderen Ländern der EU zu leben.

Wie gewonnen, so zerronnen

Der aktuellste Notfall hatte tatsächlich etwas mit dem Ironmen zu tun. 
Ein Fotograf der mit der Ironman Gewinnerin Daniela Ryf befreundet ist und sie auf ihrer siegreichen Reise gegleitete hatte, tauchte kurz vor dem Wochenende als Notfallkandidat bei uns im Konsulat auf. Die Beiden wollten sich wenige Tage vor ihrem Abflug nach Deutschland noch ein letztes Mal in die Fluten stürzen. Sie zogen sich also am Auto um, ließen ihre Kleider sowie alle Wertsachen und auch die Kameraausrüstung im Auto und schlossen den Wagen ordnungsgemäß ab. Nach etwa 15-20 Minuten kamen sie zurück und mussten mit Entsetzen feststellen, dass ihr Wagen aufgebrochen wurde. Alle Wertsachen, wichtige Dokumente (darunter auch der Pass) und 7000 Bilder vom Ironman waren verschwunden. Eine Katastrophe! Das Schlimmste war aber die Gewinnertrophäe, die sie auch als gestohlen melden mussten. Man kann sich vorstellen wie niedergeschlagen und wütend der Fotograf war. Der Pass der schweizer Gewinnerin hatte sich zum Glück nicht im Wagen befunden. 

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