Die Hokule'a kommt

Nach der 3-jährigen Weltumsegelung wieder zurück im sicheren Hafen




Pünktlich um 7Uhr morgens standen wir mit 1000 anderen Wartenden im Ala Moana Beach Park. Dort angrenzend liegt ein kleiner Hafen, der Schauplatz für ein ganz besonderes Spektakel werden sollte. Selbst der Himmel hatte sich darauf vorbereitet. Ein großer Regenbogen spannte sich ganz kitschig über die komplette Bucht und ließ die Menschenmenge staunen. "Und alles nur wegen dem Kanu?" - könnte man jetzt meinen, aber dieses Kanu hat eine viel größere Bedeutung für die Hawaiianer als man denkt.
Denn vor etwas mehr als drei Jahren verließ eben dieses fast 20m lange hölzerne Hochsee-Kanu Hawaii um die Welt ohne technische Hilfsmittel (wie GPS) zu umsegeln. Und heute sollte also der Tag sein, an dem die “Hokule’a” und ihrer Begleitflotte wieder in den Heimathafen einlaufen sollten.

Endlich ist sie da
Bei 28 Grad mit ab und zu etwas Sprühregen, standen wir also in der Menge, warteten und schauten ungeduldig aufs Meer hinaus.  Hunderte Kanus tanzten dort auf den Wellen, zwischendrin die Jetskis von Ordnungskräften. Etwas weiter draußen kreuzten aufgetakelte Segeljachten. Aber eigentlich hielten alle nur Ausschau nach den dunkelroten Segeln, die die Hokule’a auszeichnet und von den anderen Kanus unterscheidet. Am Horizont tauchten aber zuerst ihre Schwestern auf. Vier weitere Hochseekanus, die das Hauptkanu teilweise begleitet, aber auch andere Routen gefahren waren, trafen jetzt wieder aufeinander. Eins davon kam von den fast 4000 Kilometer entfernten Marshallinseln, ein anderes aus dem fernen Tahiti. Empfangen wurden sie mit den vokalreichen Gesängen der Hawaiianer und dem dumpfen Klagen von Muschelhörnern. Das Dröhnen der Muscheln und Bambusflöten lässt Gänsehaut aufkommen und die Vibration des Klanges spürt man im Bauch. Ein erhabenes Gefühl. Als dann endlich, nach 2,5 Stunden Wartezeit, die tiefroten Segel auftauchten, schwoll der Jubel der Menge nochmal an. Ein ganzer Schwarm Drohnen schoss in die Luft um das beste, das erste Foto der Heimkehrerin zu erhaschen. Alles wurde auf große Leinwände übertragen, aber das ganze live und in Farbe zu erleben, ist dann nochmal ein anderes Feeling. So warteten wir geduldig, bis das große Kanu endlich an uns vorbeizog. Die hawaiianischen Kinder mit denen ich zur Zeit arbeitet, nennen das Kanu “Moana-Boot” wie aus dem Disney Film “Moana” (bei euch in Deutschland heißt der Film “Vaiana” und ist sehr zu empfehlen!!).
Die Schauspielerin, die bei uns hier in den USA die Hauptfigur des Filmes spricht und auch singt, war an diesem großen Tag auch vor Ort. Schließlich ist auch sie stolze Hawaiianerin. Tanzt Hula, spricht die Sprache, ging auf eine der angesehensten Schulen hier und ist zudem noch seeehr hübsch und nett. Wir hatten das Glück, sie und die Produzenten des Filmes zu treffen, denn auch sie wollte sich das Spektakel des Tages nicht entgehen lassen.

 Moana - Auli"i Cravalho

Jetzt aber zurück zum eigentlichen Star des Tages: Hokule’a
60.000 Seemeilen hat dieses Boot mit seiner 12 köpfigen Crew zurückgelegt. In Sydney, Kapstadt und New York ist es gewesen. Und ganz wie es die Tradition gebietet, wiesen den Steuerleuten allein Sonne, Sterne, Wellen und Wind den Weg. Weder Kompass noch Seekarte oder GPS-Gerät durften an Bord. Selbst Uhren waren verboten.
Diese Fahrt sollte etwas beweisen, was Experten nicht für möglich gehalten hatten. Das Steuern eines solchen Kanus über die unendlichen Weiten des pazifischen Ozeans ohne moderne Hilfsmittel. Doch die Polynesian Voyaging Society hielt an diesem Gedanken fest und spürten auf einem kleinen Atoll in Mikronesien einen der wenigen Männer auf, die noch die überlieferte Kunst der Navigation beherrschten. Ihm gelang es damals, die "Hokulea" zielgenau ins 4200 Kilometer entfernte Tahiti zu dirigieren. Auf Hawaii löste dies Euphorie aus. Das war die Wiedergeburt des hawaiianischen Selbstbewusstseins als Polynesier. Viele Einheimische besannen sich plötzlich auf ihre Wurzeln als Seefahrervolk, Dutzende der "Hokulea" ähnliche Kanus wurden gebaut, junge Hawaiianer in der Kunst des Navigierens ausgebildet. Das Ganze geschah um 1970 und jetzt also sollte die Hokulea die ganze Welt umsegeln?
Die anderen Ozeane bedeuteten Herausforderungen, die neu für die im Pazifik geschulte Mannschaft waren. Im Indischen Ozean etwa sahen sich die Steuerleute unvermittelten Wetterwechseln gegenüber, wie sie im Pazifik unbekannt sind. Im Atlantik fanden sie sich plötzlich inmitten dichten Nebels wieder - auch dies kennen sie vom Pazifik nicht. Doch sie trotzten allen Widrigkeiten und es zeigte sich: Die viele Jahrhunderte alte Kunst der polynesischen Sternennavigation ist übertragbar auch auf andere Ozeane. Und nicht ein einziges Mal verloren seine Navigatoren die Orientierung.
Entsprechend stolz warteten an Land ein standesgemäßes Empfangskomitee auf die Mannschaft. Auf dem Rasen vor dem Festzelt trat ein Trupp bronzefarbener, nur mit Südsee-Schurz gekleideter Tänzer auf. Auch die Frauen hatten sich mit traditionellen Gewändern und Blumen geschmückt. Andere Insulaner hielten die hawaiianische Flagge oder die traditionellen Kahilis hoch. So heißen die Federstandarten, die auf Hawaii einst als Insignien der Mächtigen galten. Alle waren aufgeregt und stolz und ließen oft den Jubelschrei “Jiihoo” hören.
Dann endlich lagen alle Kanus vor Anker und die Festlichkeiten konnten beginnen. Den ganzen Tag über gab es Reden, Vorführungen, Musik und Tanz.

Traditionelle Bauweise vor modernen Wolkenkratzern

Aber auch auf die Botschaft dieser Mission wurde hingewiesen. Es ging nämlich nicht nur darum, zu beweisen, dass man mit der alten Kunst der Sternnavigation auch heute noch seinen Weg findet, sondern auch um “Malama Honua” - kümmere dich um die Erde. Diese Botschaft nimmt Bezug auf den Klimawandel, der schon heute Menschen mit der Frage beschäftigt “Wohin gehen wir?”. So geschehen zum Beispiel auf der Pazifik-Insel Kiribati, die auf halber Strecke zwischen Hawaii und Samoa liegt und in Folge des Klimawandels dem Untergang geweiht ist. Durch ihre Reise hat die Hokule’a unzählige Verbindungen zu Menschen auf der ganzen Welt knüpfen können, um ihre Message zu verbreiten.

60.000 Seemeilen - 150 Häfen - 23 Nationen & Länder - 3 Jahre - eine Mission
Wir sind stolz, sie wieder im Heimathafen willkommen geheißen zu haben.




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